Bauzinsen steigen: Ursache und Ausblick


In den Wirtschaftsredaktionen der deutschen Presselandschaft dominiert momentan neben den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs vor allem ein Thema: Die stetig steigenden Zinsen. Die langjährige Gewohnheit der Bürger in der Eurozone, dass sich Schulden der Staaten erhöhen und deswegen die EZB die Zinsen immer weiter sinken lässt, wird plötzlich konterkariert. Doch wo liegt die Ursache dafür, dass die zehnjährigen Bauzinsen seit Jahresanfang um ca. 120 Basispunkte gestiegen sind, und wie wird es im Laufe des Jahres weitergehen?

Wenn die Zinsen in einer Volkswirtschaft steigen, wird gewöhnlich auf die Geldpolitik der heimischen Zentralbank verwiesen. Ein Blick auf die EZB und deren aktueller Geldpolitik jedoch greift zu kurz: Der Haupttender für wöchentliche Kredite an die Geschäftsbanken liegt unverändert bei 0,0 % und der Einlagenzins für die Überschussliquidität der Geschäftsbanken verharrt weiterhin bei -0,5 %. Zudem kauft sie immer noch Staatsanleihen auf. Dementsprechend sind die kurzfristigen Renditen der Staatsanleihen der Euro-Mitglieder tief im negativen Bereich. Es sind lediglich die mittel- und langfristigen Zinsen im Euroraum stark angestiegen, d.h. die Zinsstruktur ist deutlich steiler geworden. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen hat aktuell mit 0,81 % den höchsten Stand seit Oktober 2014 erklommen. Um diesen extremen Anstieg in den letzten drei bis vier Monaten nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Blick in die USA. Während die EZB noch versucht, die Märkte zu beschwichtigen, dass die Inflation von alleine wieder zurückgeht, hat die US-Notenbank erkannt, dass die Situation ohne ein konsequentes Eingreifen aus dem Ruder laufen wird. Die US-Inflation lag im Februar bereits bei 7,9 % und für den März wird mit einer 8 vor dem Komma gerechnet. Daher hat die Notenbank in ihrer letzten Sitzung mit der regelmäßigen Veröffentlichung der Zinserwartung einzelner FOMC-Mitglieder (sog. Dot Plot) deutlich gemacht, dass die Fed Funds Rate (Leitzinsen in den USA) bis Ende des Jahres auf ca. 2 % steigen sollen. Nach der Veröffentlichung des Fed-Protokolls und der Aussagen der einiger FOMC-Mitglieder letzte Woche wird langsam klar, dass die Fed im Notfall nochmal eine Schippe drauflegen wird. Der Anleihenmarkt in den USA erwartet mittlerweile sogar einen Leitzins von 2,25 % - 2,5 % am Jahresende. Zudem wurde aus dem Protokoll ersichtlich, dass die Fed bereits Mai mit der Reduktion ihrer aufgeblähten Bilanzsumme beginnen könnte. Die Reduktion soll ca. 95 Mrd. $ pro Monat betragen und setzt sich wohl aus 60 Mrd $ Staatsanleihen und 35 Mrd $ Hypothekenverbriefungen zusammen. Nach dem langen Zögern im letzten Jahr wurden die Märkte in den letzten drei Fed-Sitzungen immer wieder von der beschleunigten Straffung der Geldpolitik überrascht, sodass die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen seit Dezember um ca. 130 Basispunkte angezogen sind. Die Auswirkungen sind weltweit spürbar, da viele Fondsmanager ihr Kapital umschichten: Raus aus den renditeschwachen Währungen wie dem Euro oder Japanischen Yen, rein in die USA. Dies lässt sich auch auf dem Devisenmarkt ablesen: Der JPY ggü dem USD bereits auf den tiefsten Kurs seit Mai 2002 gefallen, der EUR/USD nur noch 6 % von dem tiefsten Kurs seit Anfang 2003 entfernt. Der schwache Euro wirkt sich wiederum auf die Inflation aus, da der weltweite Warenverkehr, insb. der Rohstoffhandel, zum größten Teil in USD abgewickelt wird und somit die Importe immer teurer für die Euroländer werden. Der Druck auf die EZB, dass sie durch eine Normalisierung der Geldpolitik den Euro stabilisiert und damit der Inflation zumindest ein klein wenig entgegenwirkt, wird in den nächsten Wochen und Monaten wachsen. Dies antizipieren bereits die Marktteilnehmer. Über die steilere Zinsstrukturen im Euroraum ist bereits zu entnehmen, dass der Markt in diesem Jahr (und auch im nächsten Jahr) mit einer kleinen Erhöhung der Leitzinsen (Einlagensatz und Haupttender) rechnet. Die Erwartungen sollten jedoch nicht zu hoch liegen. Die EZB hat seit dem Sommer 2012 mit der damaligen Rede von Herrn Draghi („Whatever it takes“) immer wieder durchblicken lassen, dass geringe Refinanzierungskosten für die südlichen Staaten wie Italien, Spanien oder Portugal höchste Priorität haben. Ihr eigentliches Mandat, die Geldwertstabilität, ist dabei zunehmend in den Hintergrund geraten. Die deutliche Abwertung des Euros und die damit einhergehende schwindende Kaufkraft der Bürger im Euroraum wurde in den letzten 10 Jahren billigend in Kauf genommen. Daher sind eine Einstellung des Ankaufprogramms für Staatsanleihen in den kommenden drei Monaten, sowie bis Jahresende eine schrittweise Erhöhung des Einlagenzinssatz auf 0 % (alternativ: Höherer Freibetrag für Geschäftsbanken bzgl. der Überschussliquidität) und eine Anhebung des Haupttenders auf 0,25 % realistische Erwartungen. Jede weitere Maßnahme wäre überraschend und könnte das Zinsniveau (nicht nur die langfristigen, sondern auch die kurzfristigen) nach oben drücken. Am Donnerstag steht die nächste EZB-Sitzung an, vielleicht liefert sie dann erste Hinweise, inwieweit die „Tauben“ oder die „Falken“ das Zepter bei der EZB in den Monaten übernehmen.   

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